Hufrehe – eine Erkrankung mit zahlreichen Auslösern

 

Unter Hufrehe versteht man eine Entzündung der Wandlederhaut, welche oftmals nur die Vorderhufe betrifft. Es können aber auch alle vier Hufe erkrankt sein. In seltenen Fällen tritt diese Erkrankung auch nur an den Hinterhufen auf. Patienten mit Hufrehe weisen oft eine charakteristische Entlastungshaltung auf, indem sie die Zehe der Hufe entlasten und die Trachten vermehrt belasten und somit nach hinten gelehnt erscheinen. Das Gangbild des Rehepferdes ist stumpf und zögerlich, in der Wendung zeigt sich der Schmerz meist deutlicher. Häufig liegen die betroffenen Pferde vermehrt, um ihre Gliedmaßen zu schonen.

 

Was passiert im Huf?

Die Hornkapsel ist mit dem Hufbein durch eine Verzahnung verbunden. Die stark durchblutete Lederhaut besteht aus Zöttchen und Blättchen, sie schafft somit eine feste Verbindung zwischen Wandhorn und Hufbein.

Im Zuge einer Hufrehe kommt es zur Entzündung der Lederhaut. Durch diese Entzündung und die dabei entstehenden Entzündungsprodukte kommt es zur Lockerung der Verzahnung im Bereich der Lederhaut. Die tiefe Beugesehne setzt am Hufbein an und übt permanent Zug auf das Hufbein aus. Im Verlauf eines Rehegeschehens kommt es aufgrund der Lockerung der Verbindung von Hornkapsel und Hufbein regelrecht zu Zusammenhangstrennungen in diesem Bereich. Als Folge stellt sich eine Rotation (Drehung) und/oder Senkung des Hufbeines ein. In diesem Fall ist die Vorderwand des Hufes nicht mehr parallel zur Vorderwand des Hufbeins (Rotation) und das Hufbein nähert sich der Sohle (Senkung). Diese Veränderungen bleiben bestehen, auch wenn der Reheschub beendet ist.

 

Die Ursachen sind zahlreich

Ursachen der Hufrehe können unterschiedlichste Umstände sein. So ist die „Geburtsrehe“ auf ein Verbleiben der Nachgeburt  in der Gebärmutter zurückzuführen. Bei der „Belastungsrehe“ führt eine Überbelastung der Gliedmaße zu der beschriebenen Lederhautentzündung. Stoffwechselstörungen wie Cushing-Syndrom oder metabolisches Syndrom führen ebenfalls zu Hufrehe. Auch kann es im Zuge schwerer Allgemeinerkrankungen (z.B. Colitis) oder nach Kolikoperationen zu Hufrehe kommen.

Oft sind die genauen Mechansimen der Entstehung der Hufrehe nicht bekannt. Zu der so genannten „Fütterungsrehe“ wurde in den letzten Jahren viel Forschung betrieben. So sind nach heutigem Kenntnisstand Fruktane in den Weidegräsern für die Entstehung der Hufrehe verantwortlich. Fruktan stellt einen Sammelbegriff für Oligo- und Poly-Fruktosyl-Zucker dar, also Zucker sowohl mit kurzer als auch langer Kettenlänge, die widerum unterschiedlich im Darm aufgeschlossen werden. Da kurzkettige Fruktane schneller aufgeschlossen werden, gelten sie zur Zeit in Bezug auf Hufrehe als besonders gefährlich. Fruktane dienen den Gräsern als Kohlenhydratspeicher und werden mittels Photosynthese bei Sonnenlicht gebildet. Im Frühjahr und Herbst wird viel Fruktan in der Pflanze gespeichert, welches im Sommer und Winter verbraucht wird. Abhängig von der Witterung können Fruktane auch schlagartig freigesetzt werden, z.B. bei starkem Sonnenschein nach Frost, bei Sommerdürre mit starker Sonneneinstrahlung oder bei starkem Regen nach langer Trockenheit. Die häufig propagierte Magerkoppel, oftmals eine stark genutzte Fläche mit verbissener Vegetation, enthält häufig Gräser mit hohen Fruktangehalten. Die vom Pferd aufgenommenen Fruktane führen im Verdauungstrakt zu Fehlgärungen und Verschiebungen der Bakterienflora im Dickdarm. Es kommt zur Schädigung der Darmschleimhaut und zur Freisetzung von Toxinen, die ihrerseits Hufrehe auslösen.

 

Behandlung der Hufrehe

So zahlreich wie die Ursachen der Hufrehe sind, so individuell ist auch deren Behandlung. Als oberstes Ziel steht die schnellstmögliche Schmerzfreiheit des Patienten (tierschutzrelevant), sowie eine optimale Bodenbeschaffenheit. Unterschiedliche schmerz- und entzündungshemmende Präparate stehen hier zur Verfügung, die wiederrum individuell eingesetzt werden sollten. Zur Verbesserung der Durchblutung im Huf können blutverdünnende Medikamente eingesetzt werden. Die Einschränkung der Bewegung (Boxenhaltung) mindert den Zug der tiefen Beugesehne auf das Hufbein und somit die Rotation. Saubere, tiefe und weiche Einstreu, welche nicht verdichtet (Stroh-Späne-Mischung) erleichtert dem Patienten das Stehen und animiert zum vermehrten Liegen. Auch lockerer, tiefer Sand eignet sich gut.

Eine Hufkorrektur oder -beschlag sollte erst im Anschluss an die akute Phase erfolgen, um die Lederhautentzündung nicht zu verschlimmern.

Steht die Ursache des Reheschubes fest, kann diese behoben oder therapiert werden (z.B. Cushing-Syndrom). Bei Fütterungsrehe kann auf Saatgutmischungen mit fruktanarmen Gräsern ausgewichen werden. Sollte ein Patient bei Weidehaltung wiederholt Reheschübe aufweisen, sollte über eine ausschließliche Haltung im Sandauslauf mit Heufütterung nachgedacht werden.